Rede im Bundestag am 19.10.2023 - Hochlauf Elektromobilität durch aktive Industriepolitik sichern

Wir haben kein Nachfrageproblem bei Elektroautos, sondern Mangel an Angeboten. Der Hochlauf der Elektromobilität braucht Industriepolitik statt Umweltboni. Die Verdoppelung des ÖPNV und Ausbau der Bahn könnte bis zu 400 000 neue industrielle und gut bezahlte Arbeitsplätze schaffen; für die Produktion von Elektro- und Kleinbussen, Bahnzubehör, ÖPNV-Ausrüstung, digitale Verkehrsinfrastruktur.

Sehr geehrte Frau Präsidentin/ sehr geehrter Herr Präsident,

sehr geehrte Damen und Herren,

 

Wenn wir zurecht über den Hochlauf der Elektromobilität sprechen, müssen wir uns auch mit dem Zustand der Automobilindustrie auseinandersetzen. Mein Wahlkreis in Stuttgart liegt in einer Automobilregion. Ich mache mir große Sorgen um die Arbeitsplätze. Wir sehen die Automobilindustrie nicht gut aufgestellt für die aktuelle Transformation hin zur Herstellung von Elektroautos. Weitgehend tatenlos haben Bund und Land zugeschaut, wie wichtige Zulieferer ihre Produktion, zum Teil auch ihre Entwicklung, überwiegend in osteuropäische Länder verlagert und Tausende von gut bezahlten Arbeitsplätzen vernichtet haben. Standorte, die geschlossen sind, können nicht mehr transformiert werden und sind weg, mitsamt den Arbeitsplätzen.

Ich bleibe dabei: Es ist ein unhaltbarer Zustand, dass Betriebsräte keine Mitsprache bei Standortschließungen oder -verlagerungen haben. Das muss dringend geändert werden. Wo bleibt da eigentlich die Initiative der SPD?

Im Gegensatz zu den vollmundigen Ankündigungen ihrer Manager, haben die traditionellen Automobilkonzerne wichtige technologische Entwicklungen verschlafen und hinken der asiatischen Konkurrenz um Jahre hinterher.  Chinesische Anbieter sind längst auf der Überholspur. Tesla produziert mehr E-Autos als alle traditionellen Autokonzerne zusammen.

Die Förderung der Elektromobilität allein durch Umweltboni wird uns nicht weiterbringen. Wir haben kein Nachfrageproblem bei Elektroautos, sondern Mangel an Angeboten. Vor allem an kleineren und preiswerten Autos.

Die Automobilkonzerne produzieren zu teure, zu große und zu PS-starke Autos

Das geht an den Bedürfnissen breiter Schichten in der Bevölkerung vorbei, erhöht kurzfristig die Profite, sichert aber langfristig nicht die Arbeitsplätze. Außerdem sind sie ressourcenfressend und keinesfalls klimagerecht.

Die Krankenpflegerin und der Schichtarbeiter auf dem Land brauchen kein Elektroauto, das erst ab 45000 Euro zu haben ist.

Das gilt auch für viele gewerbliche Nutzerinnen und Nutzer, wie Sozialstationen, Pflegedienste, Essenslieferanten und viele andere.

Wer ernsthaft, wie die CDU, Planungssicherheit für die Fahrzeughersteller fordert, müsste über Industriepolitik reden. Die Verdoppelung des ÖPNV und Ausbau der Bahn könnte bis zu 400 000 neue industrielle und gut bezahlte Arbeitsplätze schaffen; für die Produktion von Elektro- und Kleinbussen, Bahnzubehör, ÖPNV-Ausrüstung, digitale Verkehrsinfrastruktur. Diese Chancen zu sehen und politische Rahmenbedingungen zu schaffen wäre zukunftsträchtig, nicht aber der Antrag der Union.