Teil 5 - Brüche und Krisen der gesellschaftlichen Entwicklungen

AktionenAktuellArtikelDas muss drin sein!DIE LINKEFlüchtlingspolitikFrieden und InternationalesGewerkschaftspolitikGute ArbeitKlima/MobilitätPflege/GesundheitspolitikRentenpolitikUmFAIRteilenUmwelt

Für eine gesellschaftliche Alternative zum Kapitalismus. Wir können uns dieses System nicht mehr leisten, wenn unsere Kinder und Enkel eine Zukunft haben wollen. Dafür wird DIE LINKE gebraucht.

Mit dem Text "Brüche und Krisen der gesellschaftlichen Entwicklungen" habe ich mehrere Thesen für das Verständnis und die Politik der Partei DIE LINKE formuliert, die ich hier in den letzten Tagen veröffentlicht habe. Im fünften und letzte Teil befasse ich mich mit der Partei DIE LINKE als Mitglieder- und Bewegungspartei:

Die Partei hat seit den Bundestagswahlen über 5000 Mitglieder verloren. Wie schnell das Zusammenwirken verschiedener Krisenfaktoren (schlechte Wahlergebnisse und innere Konflikte) zu Austritten aus der Partei führen, drückt aus, wie fragil die Bindung eines Teils der Mitglieder immer noch ist. Ein einziger Anlass, wie eine umstrittene Rede von Wagenknecht, führte zu 800 Austritten. Es ist verständlich, dass dieser Konflikt viele Mitglieder nervt, dass er sogleich Anlass für Austritte ist, macht die Partei nicht krisensicherer. Gerade in Krisen wäre es wichtig zu seiner Partei zu stehen und sie zu stützen. Politische Grundlagenbildung kann hier sicherlich helfen und sollte möglichst viele der neuen Mitglieder erfassen. Gleichzeitig gilt es den Charakter als Mitgliederpartei zu stärken. Im Unterschied zur populären Linken, die auf die öffentliche Wirkung bekannter Persönlichkeiten und deren zum Teil populistisches Auftreten setzt, betont die Bewegungslinke die Bedeutung der Mitglieder und deren Aktivitäten. Dass DIE LINKE erfolgreich Wahlkämpfe organisieren kann ist wichtig. Die andere Seite ist das Verständnis der Partei als außerparlamentarische Kraft zu stärken, die sich in der Gesellschaft verankert, aktiv in Gewerkschaften mitarbeitet, in fortschrittlichen Bewegungen aktiv ist und im außerparlamentarischen wie parlamentarischen Raum als Träger und Verstärker deren Forderungen und Positionen wirkt. Gesellschaftliche Veränderungen werden in aller Regel nicht ohne Bewegungen und soziale Kämpfe herbeigeführt. Die von Lauterbach angekündigte teilweise Abschaffung der Fallpauschalen wäre kaum ohne die Streiks in den Kliniken möglich gewesen. Fridays for Future hatte mit einer großen Mobilisierung erreicht, dass sich alle politischen Parteien, mit Ausnahme der AfD, mit der Klimakrise auseinandersetzen müssen. Die erfolgreiche Volksabstimmung zur Enteignung großer Immobilienkonzerne in Berlin braucht einen parlamentarischen Arm im Berliner Senat, um dem Mehrheitswillen zum Durchbruch zu verhelfen. Die Chancen dafür verbaut gerade die SPD, indem sie sich für Koalitionsverhandlungen mit der CDU entschieden hat.

Hundertausende von Hausbesuchen haben die Linke verankert und in vielen Fällen organisierende Stadtteilarbeit befördert. Um die organisierende Arbeit, die Verankerung in Gewerkschaften, die positiven Beziehungen zu sozialen und ökologischen Bewegungen herzustellen bzw. auszubauen braucht es aktive, selbstbewusste und gefestigte Mitglieder. Deren Bindung wird gefördert, wenn die Partei nach innen demokratisch ist und nach außen einladend auftritt. Der Charakter einer linkspluralistischen Partei ist das Ringen um gemeinsame Positionen unterschiedlicher Strömungen und Richtungen, auf der Basis eines gemeinsamen Programmes. Minderheiten können ihren Standpunkt jederzeit vertreten und um Mehrheiten kämpfen. Sie müssen jedoch die Mehrheitsbeschlüsse anerkennen und vertreten, sonst ist es weder möglich, konsistent die eigenen Positionen öffentlich zu verstärken, noch eine gemeinsame Praxis zu organisieren. Die u.a. von Teilen der SL verbreitete Aussage, der Parteivorstand würde nicht mehr die Basis widerspiegeln, eine Strömung, die Bewegungslinke, hätte durchgezogen und würde die Partei dominieren ist falsch. In zwei Parteitagen hintereinander hatten die Delegierten mit überzeugender Mehrheit Vertreter*innen der Bewegungslinken als stärkste Kraft und Vertreter*innen der Reformer*innen in den Parteivorstand gewählt. Keine Vertreter konnte das Lager um Wagenknecht stellen. Die sozialistische Linke hat ihre Kandidaten*innen zurückgezogen. Das ist ein eindeutiger Auftrag der gewählten Vertreter*innen der Basis, dass die BL zusammen mit eher linken Reformern das Zentrum der Partei stellt und dieser Verantwortung gerecht wird.

Die meisten Delegierten teilen das Selbstverständnis einer Mitglieder- und Bewegungspartei und haben sich u.a. deshalb die aktuelle Führung gewählt. Die Gründung einer neuen Partei ist noch lange nicht vom Tisch. Auf die Entscheidung derjenigen, die dieses Projekt verwirklichen wollen haben wir weitgehend keinen Einfluss. Umso wichtiger ist es, die Erzählung, welche Partei wir sind, stark zu machen und zu verdeutlichen, worin die Unterschiede zu einer linkspopulistischen/linkskonservativen „Parteigründung“ bestehen. Nach dem angekündigten Rückzug von Sahra Wagenknecht gilt es umso mehr das Selbstverständnis einer modernen sozialistischen Partei, die auf ihre eigenen Mitglieder setzt mit großem Selbstbewusstsein zu vertreten und in der Praxis zu leben. Wir laden alle Interessierten, die sich bisher daran gehindert sahen ein, uns bei diesem wichtigen Projekt zu unterstützen.

Unterstützung linker Intellektueller

Um aus der Krise herauszukommen braucht es intellektuelle Unterstützung. Intellektuelle, die die Partei kritisch und solidarisch unterstützen, wichtige politische Debatten anstoßen, an der Verbesserung von Programmatik und Kommunikation mitarbeiten und als Multiplikatoren für linke Politik wirken. Die gesellschaftliche Entwicklung bestätigt die linke Theorie der Mehrfachkrisen des Kapitalismus. Gerechtigkeitskrise, Wirtschaftskrise, Hegemoniekrise mit verstärkten Kriegsgefahren und die Klimakatastrophe verschränken und verstärken sich gegenseitig. Linke Intellektuelle können die Partei darin unterstützen grundlegende gesellschaftliche Alternativen zum Kapitalismus und Einstiege in Zukunftsentwürfe herauszuarbeiten.

Die Partei kann linken Intellektuellen anbieten kritische und solidarische Beiträge zu leisten, Debatten in der Partei und in der Gesellschaft anzustoßen, helfen die eigenen Positionen zu schärfen und einen Raum für politische Diskurse zu schaffen. Dazu bedarf es eines organisierten Diskussionszusammenhanges mit den uns wohlgesonnenen linken Intellektuellen. Auch gibt es im Umfeld der Rosa Luxemburg Stiftung nicht Wenige, die darauf warten von der Partei angesprochen zu werden.

Konsistente Politik

Der Weg um aus dem Umfragetief herauszukommen führt über konsistenten Politik, die über längere Zeit mit glaubwürdigen und begründeten Positionen, Forderungen und Lösungen vertreten wird. Hierfür hat die Parteispitze eine besondere Verantwortung die dazu notwendige politische Führung zu übernehmen. Nach wie vor leiden wir darunter, dass zu Krieg, Sanktionen, Klimagerechtigkeit, Mobilitätswende, besonders von Mitgliedern der Fraktion unterschiedliche, zum Teil gegensätzliche Positionen öffentlich vertreten werden. Das ist in einer pluralistischen Partei nicht zu verhindern. Mit dem schlechten Wahlergebnis ist erschwerend verbunden, dass die Fraktion nicht mehr die gesamte Partei widerspiegelt.

Bei der an uns interessierten Öffentlichkeit führt das jedoch zu erheblicher Verwirrung und bestärkt die Wahrnehmung einer zerstrittenen Partei. Nicht selten handelt es sich um Richtungsauseinandersetzungen, die in der Partei längst durch Beschlüsse geklärt sind. Deshalb liegt die Möglichkeit für eine konsistente Politik eher bei der Partei als in bei der Fraktion. Sie muss auf jeder Ebene immer wieder und kontinuierlich ihre Positionen öffentlich vertreten, selbstbewusst auftreten, ihre programmatische und inhaltliche Führungsrolle annehmen, verdeutlichen dass der Parteivorstand die Autorität besitzt die Positionen zu vertreten, die mehrheitlich vereinbart und beschlossen sind. Natürlich darf nichts unterlassen bleiben um auch die Fraktion einzubinden und die Misstöne einzuschränken, damit das gesamte Orchester nicht ständig aus dem Takt geworfen wird.

Dabei liegen die Themen für eine konsistente Politik auf der Straße:

DIE LINKE ist die einzige Partei, die Waffenlieferungen an die Ukraine ablehnt, die militaristische Sprache von Teilen der Grünen, CDU und FDP nicht übernommen hat und auf eine Verhandlungslösung im Ukrainekonflikt drängt. Es war klug Indien und China als Vermittler vorzuschlagen, die in der Lage wären Druck auf Russland auszuüben, ebenso wie die Vermittlungsangebote von Lula aufzugreifen. Auch lehnt die Partei das größte Aufrüstungsprogramm in der Nachkriegsgeschichte ab. Wir erleben aktuell eine Einstellungsverschiebung bei der Bevölkerung. Verschiedene Umfragen ermittelten, dass 35 Prozent der Befragten die Lieferung schwerer Waffen ablehnt, lediglich 30 Prozent sind dafür. Eine deutliche Mehrheit ist für die schnelle Aufnahme von Verhandlungen.

Die hohe Inflation, besonders die Verdoppelung und Verdreifachung der Energiepreise treibt Millionen Menschen in die Armut oder bringt sie an den Rand existenzieller Krisen. Die Entlastungspakete der Regierung tragen zwar zu einer teilweisen Entlastung bei, weisen aber eine nicht unerhebliche soziale Schieflage auf. Stärker entlastet wird die vergleichsweise gut ausgestattete Mittelschicht, während die einkommensschwachen- und die Schichten mit mittlerem Einkommen deutlich weniger entlastet werden. Der etwas voreilig ausgerufene heiße Herbst ist ausgeblieben, weil viele ihre Energierechnung noch gar nicht erhielten, die wenigsten ermessen können, was die Entlastungspakete der Bundesregierung bringen, die einkommensarmen Schichten viel Energie aufbringen müssen um über die Runden zu kommen und die Gewerkschaften als gewichtiger Akteur erst einmal ausgefallen sind. Die Position der Linken „Entlasten, Energiepreise deckeln und umverteilen“ kann im Laufe der Zeit, wenn mehr und mehr Menschen spüren, dass die Entlastungen nicht ausreichen, Resonanz finden. Außerdem kann die Linke Proteste und Aktivitäten auf den Weg bringen, die dem wachsenden Unmut Ausdruck verleihen. Das wird in vielen Orten und Städten auch gemacht.

Deutschland erreicht im letzten Jahr zum wiederholten Male die selbstgesteckten Klimaziele nicht. Verantwortlich ist die Reaktivierung von Kohle, der Verkehrssektor und Gebäude. Die Grünen verlieren an Glaubwürdigkeit. DIE LINKE kann hier offensiv ihr Konzept für eine sozialökologische Transformation in eine emissionsfreie Wirtschaft stark machen und ein Bezugspunkt für die Klimabewegung werden.

Die FDP propagierte auf ihrem Dreikönigstreffen in Stuttgart weiteres Wirtschaftswachstum und warnte vor Umverteilung. Um Unterschied zu vielen europäischen Ländern findet die Ampel nicht einmal die Kraft etwas so einfaches zu verabschieden wie eine Übergewinnsteuer. Inzwischen plädieren sogar bürgerliche Ökonomen für eine stärkere Belastung einkommensstarker und vermögender Bevölkerungsgruppen. Der Club Of Rome forderte, dass die reichsten 10 Prozent die Kosten der Klimakrise bezahlen müssen. Es gibt ein weit verbreitetes Bewusstsein, dass es nicht gerecht zugeht. Bei diesen Fragen hat die Partei ein Alleinstellungsmerkmal, welches sie von allen anderen Parteien unterscheidet.

Im Alltagsleben werden die Verwüstungen der neoliberalen Ära für mehr und mehr Menschen erfahrbar. Unpünktliche Bahnen, mangelhafter ÖPNV, Personalmangel und Unterfinanzierung bringen Kindertagesstätten, Krankenhäuser, Altenheime, Schulen und weitere Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge an den Rand des Zusammenbruchs. Die Bedeutung des Öffentlichen und der Gemeingüter bekommt größere Beachtung. DIE Linke kann deutlich machen, dass es für den gesellschaftlichen Wohlstand und Teilhabe entscheidend ist, in welchem Zustand die Daseinsvorsorge und die Gemeingüter sind und ihre klaren Positionen zum Ausbau und zur Finanzierung stärken. Hier geht es auch um Einstiege in ein anderes Wohlstandsmodell und die Stärkung öffentlichen oder genossenschaftlichen Eigentums. Das sind Schlüsselfragen beim sozialökologischen Umbau.

Sowohl während der Coronakrise, als auch in Zeiten der allgemeinen Verteuerung steigen die Mieten weiter. Die Partei hat schon vor Jahren eine Mietenkampagne auf den Weg gebracht. Die Forderungen nach einem bundesweiten Mietendeckel und dem vermehrten Bau von Sozialwohnungen in öffentlicher oder genossenschaftlicher Hand sind hoch aktuell im Kampf um bezahlbare Wohnungen. Dazu kommen noch die gewaltigen Kosten für die energetische Sanierung des Wohnungsbestandes, die in aller Regel auf die Mieter*innen abgewälzt werden.

Der nicht erwartete Erfolg beim 9-Euro-Ticket zeigt die enorme Nachfrage nach einem funktionierenden, gut ausgebauten und günstigen ÖPNV. Die Partei konnte sich auf diesem Feld durchaus profilieren. Die Mobilitätswende ist ein wesentlicher Baustein zum Erreichen der Klimaziele. Die Bundesregierung droht dabei zu scheitern. Die Linke verfügt über ein gutes Konzept für eine Mobilitätswende und für den Umbau der Automobilindustrie in eine Mobilitätsindustrie. Arbeitsplätze und Klima sollen gleichermaßen geschützt werden. Wir reden hier also über ein wichtiges Zukunftsprojekt, indem sich die Linke profilieren kann.

Es stimmt, dass wir schon mal bessere Zeiten für die Linke hatten. Das schlechte Abschneiden bei der Bundestagswahl hängt uns immer noch nach. Wir sind nicht weiter abgesunken, aber wir kleben gerade bei den 5 Prozent fest. Wenn man mal unten drinhängt dauert es einfach bis man wieder herauskommt. Aber es gibt uns und wir haben keinen Grund den Kopf in den Sand zu stecken oder zu verzweifeln. Gerade jetzt wollen wir uns zeigen, gerade jetzt machen wir deutlich für was wir stehen.

Für eine gesellschaftliche Alternative zum Kapitalismus, der mit seinen Dauer- und Mehrfachkrisen längst destruktiv geworden ist. Wir können uns dieses System nicht länger leisten, wenn unsere Kinder und Enkel eine Zukunft haben wollen. Für eine Gesellschaft für die es sich zu kämpfen lohnt. Dafür werden wir gebraucht.